
Perfekte Namen finden: ChatGPT im kreativen Schaffensprozess
KI für den kreativen Schaffensprozess: Wie finde ich perfekte Namen beim Schreiben eines Krimis? ChatGPT hilft. Neues aus der Werkstatt von Thomas Berscheid.
Dies ist ein Märchen, das in der Welt der EDV, des Internet, der Programmierung, der Developer, der Clickworker, der Entwickler, der SEO Arbeiter, des Marketing, der Grafikabteilungen, der Video Editoren, der Verwaltung und der Lernbefreitheit spielt. Kurzum: Es ist ein Märchen, dass die Welt abbildet, so wie man sie heute bei vielen Menschen findet, die im Arbeitsleben stehen. Oder in der Schule. Oder im Altersheim. Also eigentlich bei jedem. Ein Märchen, wie es sich vielleicht niemals abspielt, wie es sich aber abspielen könnte. Nämlich immer dann, wenn Personen mit Verantwortung ihr Hirn, ihre Augen und ihre Ohren wiederfinden und auf das hören, was Leute sagen, die sich mit etwas auskennen. Und was die anderen sagen, die den ganzen Tag böse Fluchwörter brüllen. Kurz gefasst: Dies ist ein Märchen.
Es war einmal vor vielen, vielen Jahren. Nein, eigentlich war es nicht, es ist. Denn was der Meister erlebte, steht vielleicht in alten Büchern geschrieben, die man jüngst bei archäologischen Ausgraben in einer Höhle unterhalb des Vulkans von Maria Laach fand, aber wenn es damals Science Fiction war, so ist es heute doch Alltag. Ähnlich wie wir uns Commander McLane in der Raumpatrouille vorstellen mussten.
Dies ist die Geschichte des Meisters. Ist dies sein richtiger Name? Wahrscheinlich eher nicht. Er könnte jeden beliebigen Namen tragen, aber für uns passt Meister. Vielleicht sogar Webmaster. Denn er hat ein wenig Ahnung vom Programmieren von Webseiten, er hat viele Texte geschrieben und Bilder gemacht, er hat Marketing gemacht und gelesen, wie man das alles richtig gemacht. Er hat viele Prozesse automatisiert und dafür gesorgt, sinnlose Fließbandarbeiten unnötig zu machen. Viele, viele, viele Projekte hat er bei Google nach oben geschossen, ganz nach oben, bis es nur mit bezahlter Werbung weiterging. Er hatte verbastelte Projekte neu programmiert oder debuggt, so dass das Fehlerlog von 1 Million Fehler am Tag runter kam auf einen einzigen, nämlich dann, wenn der Chef der Agentur oder ein Beamter wieder einen Klick gemacht haben, der das System mit extremster Gewalt auslöschen, zerstören, vernichten sollte. Aber der Meister konnte diese Störer, aus humanen Zellen bestehend, wenn auch vom Nachdenken komplett befreit, in den Griff bekommen. Meist war der Griff so exzellent, dass die Störer danach niemals mehr etwas stören konnten, denn sie atmeten nicht mehr.
So lernte der Meister die dunklen Seiten des Lebens kennen, die dunklen Zellen, die dunklen Flure in den Polizeirevieren. Oft hatte er Tinte an den Fingern, weil er Fingerabdrücke angeben musste, jedoch war er niemals mehr als ein paar Stunden hinter Gittern und hatte nie vor Gericht gestanden. Die Freude darüber, dass er die Störer ausgeschaltet hatte, war all überall zu groß.
Nun wollte der Meister seinem Leben einen neuen Schub geben und fing in einer Firma neu an. Hui, war diese Firma groß! Der Meister erschauderte, als er durch das große Tor an der Straße ging, durch den kleinen gepflegten Park bis zu dem verglasten Eingang, der ihn in sein neues Reich führte. Automatisch öffnete sich eine Tür vor ihm, die so dickes Glas hatte, dass sie bestimmt auch dem Beschuss eines russischen Kampfpanzers standgehalten hätte. So hatte der Meister den Weg in sein neues Büro gefunden. Nette Kolleginnen und Kollegen hatten ihn empfangen, hatten ihm freundlich zugelächelt und ihm die neue Welt seiner Arbeit gezeigt.
Und es wartete eine Menge Arbeit auf den Meister. Viele Knappen, viele Knechte und viele Dilettanten waren vor ihm an den Sourcen gewesen und hatten die Webseite zu einem Sammelsurium an Programmierung, Marketing, Suchmaschinenoptimierung, Gedanken, Emotionen, Schrott und Fehlern gemacht. Der Meister krempelte die Ärmel auf. In den ersten Wochen überzeugte er das Management, dass dringender Handlungsbedarf bestand. Sie lachten ihn aus. Der Leiter der Buchhaltung am meisten. Dann stieg der oberste Buchhalter in seinen SUV mit 640 PS. Der Meister hatte am Abend zuvor eine Sicherheitslücke in der autonomen Funktion des SUV gefunden. Der Leiter der Buchhaltung endete mit 172 Stundenkilometern an einem sehr stabilen Brückenpfeiler der Autobahn. Als nächste lachte die Leiterin des Marketing. Sie brachte es auf 194 Stundenkilometer, bevor sie zwischen Spritzwand und Heckklappe ihres SUV am Brückenpfeiler zerquetscht wurde. Den Vogel schoss jedoch der Leiter des Legal Department ab. In seinem Sportwagen mit der gleichen Software brachte er es auf 203 Stundenkilometer, mit denen er den Brückenpfeiler traf.
Nun war der Weg frei für den Meister. Er sammelte ein paar Leute um sich, die wussten, was sie da auf den Server programmierten. Nach ein paar Wochen hatten sie die Webseite des Unternehmens aus der Zeit der ersten Amöben ins Sternenzeitalter gehoben. Das Fehlerlog füllte sich nur sehr langsam, dann das System lief stabil und alle Störer waren auf ewig ausgeschaltet.
Nur einer dieser Störer war nicht für den Meister greifbar. Es war der Art Director. Dieser sollte ein Mann sein. Aber wo war er? Immer auf Reisen? Oder ständig im Home Office? Auf jeden Fall musste dieser Mann eine unheimliche Macht haben. Er bestimmte aus dem Hintergrund, welche Person welcher Arbeit nachging. Ja, und er hatte bestimmt, dass alle Personen, die im Glaspalast arbeiteten, niemals hinter das Gebäude gingen. Dort, so hatten es ihm Kolleginnen in einer dunklen Stunde während eines Upgrades zugeraunt, sollte es einen dunklen Kamin geben, in dem eine Kollegin aus der Grafik einmal geendet war, als sie mit ihrem Lasso für ihre LARP Gruppe trainierte. Der Meister war neugierig und fragte weiter. Aber entweder wusste niemand etwas Genaues oder sie hatten alle Angst. Der Art Director blieb ein Phantom des Bösen.
Nun begab es sich aber, dass der Webmaster sich Gedanken zu machen begann. Er hatte vieles in dieser Firma kennen gelernt, er hatte den Glaspalast von oben bis unten und von links nach rechts durchstreift. Und er hatte wieder Zeit dazu, sich um andere Dinge als um den Relaunch der Seite zu kümmern. Außerdem wurmte es ihn, denn er wusste nicht alles. Die Webseite kannte er in- und auswendig. Aber woher kamen die Daten? Wer schrieb die Texte? Wer setzte die Bilder und die Videos rein, die er mit seinen automatischen Tools auf SEO überprüfte? Er wusste es nicht. Die Content Abteilung war eine Black Box. Und so oft er auch den Glaspalast durchstreifte, niemals stieß er auf eine Person, die ihm sagen konnte, wer den Text schrieb oder wer das Bild machte. Wenn er auf den Art Director zu sprechen kam, der dies doch sicher wissen musste, verstummten immer alle Personen. Der Meister vermutete, dass es eine Künstliche Intelligenz sein könnte, die Inhalte lieferte, aber er kannte die Firma nun ein paar Monate und er war recht sicher, dass das Management das Wort KI noch nie gehört hatte.
So dachte der Meister also nach. Es war die Zeit des Sommers, im Glaspalast standen einige Fenster und ein paar Türen offen und der Meister strich wieder durch das Gebäude, auf der Suche nach einer Eingebung, wie er mit einer API die Anbindung eines neuen KI Agenten die Werbung für das Unternehmen im Internet verbessern konnte. Da sah er die offene Tür in den Hinterhof.
Bevor der Meister die ersten Gespräche zur Anbahnung eines neuen Jobs in der Firma geführt hatte, war er im Internet unterwegs und hatte sich die Lage der Firma angesehen. Dort hatte er den Parkplatz gesehen und den Glaspalast. Aber das war nur ein kleiner Teil der Firma. Hinter dem Glaspalast war ein großer, großer Hof. Eine kleine grüne Hölle, ein dunkler Teil der Firma, wie es schien. Aus dem Glaspalast war kaum zu sehen, was sich dort befand, ja, man konnte es eher erahnen, denn alles lag unter dicken Ästen und hinter dicken Mauern versteckt. So wie im Schlaf des Dornröschen. Und nun, da diese Tür zum ersten Mal offen stand, betrat der Meister diesen geheimen Garten.
Mit einem Mal war alles anders. Die Welt im kleinen Garten vor dem Glaspalast war anregend. Im Glaspalast selber war sie aufgeregt, aufgeputscht, kreativ. Hier aber, in diesem wilden, geheimen Garten, war sie erdrückend, bleischwer, negativ. Der Meister hatte den Eindruck, als überfiele ihn eine bleierne Müdigkeit, als würden alle Glieder gelähmt. Ja, er glaubte alle Lust am Leben zu verlieren, so als würde er sich dem eigenen Tod, der lange auf ihn gewartet hätte, nähern. Eine Stimme in seinem Inneren, die Stimme der Vernunft und des Willens zum Überleben, sagte mit ebenso leiser wie eindrücklicher Stimme, dass er verdammt noch mal seinen Arsch packen, umdrehen und wieder in den Glaspalast zurückgehen sollte. Aber da war noch diese andere Stimme, die Offenbarung der grenzenloser Neugier und der unendliche Wunsch, einem Fehler auf den Grund zu gehen, was ihn auch jeden Tag bei der Programmierung antrieb. Und wie auch sonst immer gewann diese Stimme die Oberhand, schlug der Vernunft in die Fresse und brachte sie zumindest für die nächsten Minuten zum Schweigen.
So ging der Meister weiter in den geheimen Garten hinter dem Glaspalast hinein. Die positive Ausstrahlung des Glaspalastes schwand mit jedem Schritt. Eine akustische Grundstimmung schlug sich in die Ohren des Meisters. Ein Gemurmel. Ein Geräusch, das ihm fast so vorkam wie die durcheinander schallenden Stimmen von Menschen. Doch es schienen keine Stimmen von Menschen zu sein, eher waren es Maschinen. Oder Roboter, die einer Depression nahe waren. Der Meister ging weiter.
Noch ein paar Schritte, und es schälte sich ein Umriss aus dem geheimen Garten heraus. Der Meister kam näher. Es war kein Dinosaurier, es war keine mittelalterliche Burg, es war nicht die Titanic, nein, es war ein Gebäude aus roten Backsteinen, die allerdings schon viele Jahre hinter sich hatten, denn sie waren von schwarzem Ruß überzogen und hatten an manchen Stellen auch schon gar keine kantigen Ecken mehr. Vielleicht war es der Rauch, der aus einem Schornstein neben dem Gebäude gekommen war, ein Schornstein, der genauso alt aussah wie das Gebäude selbst, dessen Ende nach oben im Nebel aber nicht zu sehen war und der unendlich in den Himmel aufzuragen schien.
Das Gebäude hatte hohe Fenster, dafür waren es nur wenige. Vor Jahren, vor vielen Jahren mussten hier einmal große, schwere, wahrscheinlich sehr heiße und sehr laute Maschinen gestanden und gearbeitet haben. Bestimmt hatten sie den Rhythmus der Arbeit mit lauten Schlägen angegeben. Doch nun waren keine lauten Maschinen zu hören. Einige der Fenster standen offen. Aus ihnen konnte der Meister Gemurmel hören. Er war neugierig, natürlich. Und so schlich er an eines der Fenster heran. Die Öffnung in der Mauer für dieses Fenster ragte bis fast zum Dach, so dass der Meister den Kopf in den Nacken legen musste, um dieses Gebäude vollkommen erfassen zu können. Doch das untere Ende ging ihm gerade bis zum Bauchnabel und so konnte er sich in aller Ruhe nach vorne beugen, um zu hören, was im Inneren gesprochen wurde. War es eine Geheimsprache?
Dem Meister gelang es, die ersten Worte zu identifizieren. Es waren Worte in deutscher Sprache. Die meisten. Und diese Worte… Wenn er sie als Kind im Beisein seiner Oma ausgesprochen hätte, dann hätte ihm diese gleich den Mund mit einer Drahtbürste und viel Seife ausgewaschen, denn schmutzige Worte durfte er nicht in den Mund nehmen. Erschrocken stolperte er zurück. Und stieß hart gegen einen anderen Menschen.
Fast zu Tode erschrocken wandte sich der Meister um. War nun die Zeit seines Todes gekommen? Er sah, dass er gegen einen Mann gestoßen war. Doch dieser Mann war nicht alleine. Rechts von ihm stand ein anderer Mann. Links von ihm eine Frau, dann noch ein Mann. Was waren das für Leute? Waren es Menschen? Sie waren in dieser Firma, aber er hatte sie noch nie gesehen, und sie sahen auch nicht so aus wie irgendeine andere Person, der er in den letzten Monaten hier über den Weg gelaufen war.
„Wer bist du?“ fragte der Mann, gegen den er gestoßen war.
Der Meister hörte die Frage, aber seine Kehle war zugeschnürt, er konnte nicht reden. Dafür saugte er das Äußere des Mannes in sich. Wie alt mochte dieser Mann sein? 25 Jahre? Oder 50? Vielleicht 80? War er vielleicht schon ein paar Jahrhunderte tot? Denn dieser Mann hatte eine sehr weiße Hautfarbe, sein Gesicht hatte ein paar Falten, aber vor allem lagen diese Augen, die auf den Meister gerichtet waren, ganz tief in ihren Augenhöhlen und strahlten eine unendliche Müdigkeit aus, so als habe diese Person seit Jahren, seit Jahrzehnten nicht mehr geschlafen, so als sei sie jede Nacht als Zombie auf der Suche nach einem frischen Hirn unterwegs gewesen.
„Was willst du hier?“ fragte die Frau mit einer Stimme, als habe sie Kaiser Barbarossa noch persönlich gekannt.
„Ich bin…“ stotterte der Meister, „...bin ein Freund.“
„Ein Freund, aha“, konterte der Mann rechts von dem, gegen den er gestoßen war, „das sollen wir dir glauben?“
„Kommt mit“, winkte der Mann ganz links mit einer Geste, als habe er gerade seinen Grabstein wie die letzten Jahrzehnte in jeder Nacht weggeräumt.
ie vier Menschen, vielleicht auch die vier Zombies, wandten sich um. Der Meister trottete hinter ihnen her, seine Beine fühlten sich unendlich schwer an, was auch am Schlamm aus verrottenden Blättern und Lehm lag, durch den er sich einen Weg bahnen musste.
So geschah es, dass der Mann in die Halle der Clickworker kam. Dort sah er eine ganze Armee von Menschen sitzen. Sie trugen T-Shirts, sie trugen Hoodies, manche zerrissen und manche starrend vor Schlamm und anderen Spuren des Drecks. Sie mochten im Alter irgendwo zwischen 20 und 99 sein, vielleicht sogar noch älter. Keiner von ihnen trug einen Anzug. Sie sahen wirklich aus wie die schlimmsten Inkarnationen von Zombies, die sich der Meister jemals in seinen bösesten Albträumen vorgestellt hatte.
Was sie alle einte: Sie saßen vor einem Bildschirm und machten immer die gleichen Bewegungen. Der Meister näherte sich einem der Schreibtische, der so alt aussah, das er unter dem Gewicht einer Vogelfeder zusammenzubrechen drohte. Darauf stand ein Bildschirm, eine Maus und eine Tastatur. Nicht mehr. Davor saß eine Frau, die mit der Maus auf einen Text klickte und einen Absatz kopierte. Sie starrte ohne Unterbrechung auf den Bildschirm. Mit der Maus ging sie in ein anderes Fenster. Sie speicherte den Text, schloss das Textelement und öffnete ein weiteres. Speicherte dieses auch ab. Dann kopiere sie wieder einen Text aus einer Datei und fügte den in ein neues Element. Und damit begann der Zyklus von vorne. Dabei stammelte sie Worte, die sich für den Meister wie ein „...fick dich, du blöde…“ anhörten.
Weiter ging der Meister. Ein Mann war gerade dabei, aus einer Textdatei einen kurzen Satz zu kopieren und in eine Eingabemaske einzufügen. Der Meister ging näher an den Bildschirm heran. Er sah, dass der Mann den Text in die Maske für einen Button einfügte. Dann nahm er sich die nächste Seite vor. Fügte den Text in einen anderen Button ein. Speicherte diese Seite ab. Öffnete die nächste Seite. Und so weiter. Der Mann murmelte unentwegt so etwas wie „...dann mach ich dich alle, die Drecksau…“
Der Meister ging noch näher an den Bildschirm heran. Er erschauderte. Das war das Backend der Webseite, die sie vor ein paar Wochen auf den neuesten Stand gebracht hatten.
Er stolperte zwei, drei Schritte zurück. Stieß wieder gegen den Zombie, gegen den er vor der Halle schon mal gestoßen war. Nur hatte er diesmal keine Angst mehr.
„Was macht ihr da?“ fragte er den Mann.
„Wir sind die Clickworker“, antwortete dieser mit seiner Grabesstimme. „Wir sind den ganzen Tag damit beschäftigt, den Inhalt einzupflegen.“
„Aber…“ schüttelte der Meister zutiefst geschockt den Kopf. „Das ist doch vollkommen sinnlos.“
„Sinnlos?“ echote die Frau, die er draußen in der Gruppe getroffen hatte. „Sinnlos? Das ist unser Leben! Wenn man das Leben nennen kann!“
Sie streckte ihren Arm aus und strich damit über die gesamte Menge an Zombies, die in dieser Fabrikhalle saß.
„...reiß ich dir die Eier ab…“ murmelte eine Frau am nächsten Tisch.
„Und wer bist du?“ fragte der Mann, gegen den der Meister gestoßen war.
„Wenn ich sage wer ich bin“, antwortete der Meister mit einer Mischung aus neu gewonnenem Selbstbewusstsein und Vorsicht, „dann werdet ihr mich auf der Stelle zerfleischen.“
„Wieso?“ fragte die Frau zurück. „Bist du der Chef des Unternehmens?“
„Schickt dich der Art Director?“ fragte ein männlicher Zombie mit kaum unterdrückter Wut in der Grabesstimme.
„Nein“, schüttelte der Meister den Kopf und sah die Frau an, „ich bin derjenige, der das da programmiert hat.“
Er zeigte auf den Bildschirm der Frau, die mit einem Mal aufhörte zu kopieren.
„Und ich glaube, ich weiß einen Weg, um euch zu helfen.“
„Du willst uns helfen?“ fragte der Mann den Zusammenstoßes ungläubig. „Du bist nicht vom Art Director geschickt, um uns Sklaven die Bürde neuer Arbeit aufzutragen, auf das wir bis ans Ende unserer Tages in sinnbefreiten Tätigkeiten ersticken und unser Leben aushauchen?“
„Nichts dergleichen“, antwortete der Meister. „Ich will euch arbeitslos machen“
Mit einem Mal war es ruhig in der Halle. Niemand mehr klickte auf eine Maus oder schlug auf eine Tastatur. Niemand mehr murmelte ein Fluchwort. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Tief in den Augenhöhlen liegende Augen. Der Meister wusste nicht, ob er in den kommenden Minuten noch am Stück vorhanden wäre.
Der Meister fühlte sich tot. Nicht halb tot. Sondern richtig tot. Und das hatte seinen Grund. Es waren nicht die Zombies, die sein Gehirn auf der Suche nach etwas Essbarem entdeckt hatten. Vielmehr war es die Arbeit, die sein Hirn aufgefressen hatte. Denn er hatte die Datenbank erweitert, hatte neue Tabellen für Texte und Buttons angelegt, Masken zur Eingabe im Internet erstellt und Schnittstellen geschrieben, um so etwas wie Buttons automatisch zu füllen. Mit dem ganzen Projekt auf dem Rechner hatte er sich in den dunklen Abenden des Herbstes in den geheimen Garten geschlichen und dort mit der Arbeitsgruppe zusammen gesessen. Und so war eine Gruppe nach der anderen arbeitslos geworden. Der Mann, der den ganzen Tag nur Buttons in unendlich vielen Seiten mit dem immer gleichen Text füllen musste, konnte nun einmal das Zielelement mit dem Text aus der Datenbank verbinden und schwupps waren Tausende von Buttons wie neu. Er war einer der ersten, die in den geheimen Garten gingen, etwas Farbe auf die Haut bekamen, ein frisches T-Shirt anzogen und ihren Rechner nutzten, um wieder ordentliches Marketing zu machen. So hatte der Meister nicht nur ein neues Projekt im Internet erschaffen, er hatte auch tot geglaubtes Leben zu neuem erweckt. Ja, der Meister entdeckte sogar verloren geglaubte Mitarbeiter aus der IT und mehrere Kolleginnen aus der Grafikabteilung, die man seit Monaten nicht mehr gesehen hatte. Plötzlich erschienen die Produkte der Firma frisch wie im Frühling, auf den man noch einige Wochen warten musste. Und mit wachsender Wut erkannte der Meister die Rolle des Art Directors, der diese armen vom Geiste beseelten Geschöpfe als Clickworker zu seinen persönlichen Sklaven gemacht hatte.
Dann war es soweit, dass auch der letzte Clickworker seine Arbeit einstellen und zusehen konnte, wie seine Bilder nun automatisch ins System gespielt wurden. Nun konnte er sich sich endlich mit dem Schreiben von Agenten für KI widmen, um den Chat zum Kundensupport auf die Webseite zu bekommen. Der Meister hatte Menschen kennengelernt, von denen er aus früheren Ständen seiner Projekte gehört hatte, aber niemals hatte er diese Menschen getroffen. Sie waren in der Hölle der Clickworker gelandet.
Niemand in dieser Halle sah nun noch aus wie ein Zombie. So als hätten sie den Jungbrunnen gefunden, waren diese aus dem Leben geschiedenen Fleischbrocken nun wieder richtige Menschen, hatten nicht nur in ihr früheres Leben zurück gefunden, sie waren auch wieder guter Laune und fluchten nicht mehr.
An diesem Tag hatte der Meister zu einer Präsentation geladen. Zuerst war es den Kollegen in der IT aufgefallen, dass etwas mit der Webseite passiert. Das Controlling hatte bemerkt, dass die Umsätze des Shops durch die Decke geschossen waren. Und so hatte der Meister versprochen, das Wunder hinter all dem aufzudecken.
Es war schon fortgeschrittener Nachmittag, als der Meister in der Halle des Glaspalastes zur Versammlung gerufen hatte. Und alle kamen: Die IT, das Marketing, die Grafik, die Buchhaltung. Sogar der Art Director, bislang eher durch körperliche Abwesenheit oder das Fehlen eines Hirns aufgefallen, war erschienen.
„Ich will das Geheimnis des Wunders enthüllen“, rief der Meister in die Menge und öffnete die Tür in den geheimen Garten. Die ganze Meute folgte ihm auf den Weg zu den Clickworkern. Sie kamen zur alten Fabrikhalle. Nur starrte diese nun nicht mehr vor Schmutz, sondern in frischem Rot, so als hätten die Maurer gerade ihre Arbeit abgeschlossen. Denn die Clickworker hatten nun endlich Zeit, etwas Sinnvolles zu tun. So hatten sie sich einen Wasserstrahler besorgt, auf ein altes Elektroauto mit Pumpe gepackt und die ganze Front auf den neuesten Stand gebracht. Im inneren war es leicht und licht, denn eine neue Armee von Solarzellen prangte auf dem Dach und füllte einen Batteriespeicher im Keller. Und wo sie schon dabei waren, einen richtigen Loft Charakter herzustellen, hatten sie auch gleich den Garten auf Vordermann gebracht. Damit war die Zeit des Schlammes vorbei.
„Willkommen in der Zone der glücklichen Arbeiter“, breitete der Meister die Arme aus. Die früheren Clickworker applaudierten. Doch nicht nur sie waren begeistert. Marketing, Grafik und sogar die Buchhaltung fielen ein in den Applaus.
Jedoch war es der Art Director, der als Einziger nicht die Hände gegeneinander klatschte. Vielleicht hätte er es tun sollen. Denn der frühere Chef des Content Managements, gegen den der Meister zuerst gestoßen war, erhob nun seine Stimme und zeigte auf den Art Director.
„Dies ist der Mann, dem wir alles zu verdanken haben!“ rief der oberste Content Manager. „Clickworker! Ihr wisst, was ihr zu tun habt!“
Es brauchte nicht mehr, um das weitere Geschehen auszulösen. Der weibliche Zombie, nun wieder diplomierte Grafikerin, in der Freizeit gerne im LARP tätig, schwang ihr Lasso der Wahrheit und traf mit lange trainierter Sicherheit den Brustkorb des Art Directors. Andere Seile schlangen sich um seine Arme.
„Ihr seit doch alle…“ wollte der Art Direcor brüllen, doch der Content Manager, von Art Director degradiert und zum Sklaven gemacht, schlang seinen durch Millionen von Mausklicks trainierten Arm um dessen Hals und unterdrückte jegliches Gebrüll. Zusammen schleppten sie ihn in den geheimen Garten zum Schornstein mit der großen Brennkammer ganz unten. Der Vorsitzende des Vorstands sah seine Kollegen an, sah die Freude in den Augen der Angestellten und der Manager, fiel in das rhythmische Klatschen mit ein. Der Content Manager übergoss den Art Director mit Benzin. Die Grafikerin entzündete ein bengalisches Feuer und setzte den Art Director in Brand. So kam es, dass das Böse aus der Firma vertrieben wurde.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann klicken sie noch heute.
Dies ist ein Märchen. Aber vielleicht werden Träume doch einmal wahr.
Das Märchen von den Clickworkern ist nun zu Ende. Und wie heißt es sinngemäß am Ende eines jeden Märchens:
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann klicken sie noch heute.
Dies ist ein Märchen. Aber vielleicht werden Träume doch einmal wahr.
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