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13. Kapitel: Sonja war IM Cheri

Sam Spade, die DDR und der Müll

Die Tür geht ruckartig auf, als Sam sein Büro betritt. Da ist etwas im Busch, denken sich Kottan und Carmen. Er tritt auf Sonja zu.

"Hallo, Cheri. Wie geht's?"

***

Das war's. Von Sonja Becker fällt jegliche Nonchalance ab. Das hatte sie nicht erwartet, so plötzlich mit ihrem Zweitleben konfrontiert zu werden. Sie versucht abzulenken.

"Sam, was hast Du gesagt?"

"Cheri. So haben sie dich bei der Stasi genannt. Und so stehst Du auf der Lohnliste der Stasi."

"Aber - wie kommst Du denn..."

"Lenk' nicht ab! Du bist dafür verantwortlich, dass 4 Menschen gestorben sind. Du hast Sie alle auf dem Gewissen."

"Aber Sam..."

"Verdammt noch mal, halt's Maul! Du kannst mir gleich alles erzählen, die reine Wahrheit. Wenn Du mich anlügst, schmeiß' ich dich 'raus. Dann stehst Du auf der Straße. Ich hab' keinen Bock, die Bodyguard für 'ne Stasi-Alte zu machen. Okay, Cheri?"

"Gib' mir 'nen Whisky."

***

Sam geht zum Schrank, nimmt die Flasche Dimple, 4 Gläser und gießt sie unterschiedlich voll. Carmen bekommt einen Schluck, alle anderen volle Gläser. Sonja - Cheri - kippt das halbe Glas hinunter, hustet, senkt den Blick und erzählt.

"Sie haben mich erpresst. Meine Mutter kam aus der DDR, meine Schwester ist drüben geblieben. 88 kamen 2 Männer zu mir, wollten mich sprechen, gerade als mein Mann das Geschäft mit den Polen angefangen hatte. Und dann wollten sie, dass wir die ganze Sache über Kohl erledigen."

"Was spielt der für 'ne Rolle?"

"Wir hatten den gleichen Führungsoffizier, Kohl und ich. Er sollte den Müll verschicken, ich sollte zusammen mit meinem Mann dafür sorgen, dass keine andere Firma den Auftrag bekommt. Wenn nicht, hätten sie meine Schwester in die Mangel genommen."

"Aber warum kümmern sich die Typen um Müll? Ich seh' den Sinn nicht!"

"Es ging auch weniger um den normalen Müll. Der ganze Giftmüll sollte nach Polen, das war klar. Aber weil der nicht an der Grenze kontrolliert wird, sollte der dazu dienen, ab und zu Dinge zu schmuggeln."

"Was für Dinge?"

"Was weiß ich? Ich hab' nie gesehen, was die verladen haben. Zigaretten, Geld, Autos, Menschen - ich weiß es nicht."

"Wirklich nicht?"

"Nein, Sam, verdammt noch mal. Aber es ging auch um Devisen. Um 'ne Menge Geld, und Du weißt, wie geil die da drüben auf Westgeld sind."

"Und deshalb haben die jetzt 4 Leute umgebracht?"

"Ich weiß es nicht. Aber sie Typen sind gefährlich. Ich hab' Angst gekriegt, als die uns letzte Woche gedroht haben, weil wir aus dem Vertrag aussteigen wollten. Ach, klar, das Geschäft war 'ne verdammt gute Einnahmequelle für alte Stasi-Mitarbeiter. Die sind alle in Betrieben gelandet, die privatisiert worden sind."

"Gilt das auch für Kohl?"

"Nein, der hat in der DDR nichts aufgekauft. War auch nicht nötig, das hat sein Führungsoffizier gemacht, wie er erzählt hat."

"Und was hab' ich jetzt mit der Sache zu tun?"

"Genau das, was ich Dir erzählt habe, Sam. Ich brauche eine Leibwache."

***

Für einen wunderschönen Leib, denkt Sam. Naja, da stecken wir ja ganz schön in der Scheiße! Und was machen wir jetzt? Sonja trinkt ihr Glas leer, Sam gießt nach. Der Fall nimmt Ausmaße an, die nicht mehr zu übersehen sind. Wie soll's jetzt weitergehen? Eigentlich ist die Arbeit beendet, die Detektive können nicht mehr viel ausrichten, jetzt sind die Bullen dran, auch die vom Geheimdienst.

Oder?

Ne, so geht das nicht. Sam geht zum Telefon, ruft Parsons an. Sie kommen überein, dass sich Sam und Hammer um Kohl persönlich kümmern sollen, sie haben größere Möglichkeiten, außerhalb der Legalität zu arbeiten, während die Polizei einen Teil des Personenschutz für die Klienten übernimmt. So ergänzen sie sich am besten.

Er ruft Hammer an. Der macht mit, am Abend wollen sie sich treffen, um Kohl aufzusuchen. Und dann soll er zeigen, was mit ihm los ist!

Stunden später. Leise rollt der BMW durch das Wohnviertel, auf der Suche nach der Wohnung von Kohl. Endlich, ein stinknormales Einfamilienhaus, sie halten 50 Meter dahinter, um nicht aufzufallen. Steigen aus, schleichen sich zum Eingang. Klingeln, aber es ist keiner zu Hause. Sehr gut. Also öffnen sie das Gartentor, gehen zum Haus. Während Sam sich nach neugierigen Augen umsieht, öffnet Hammer nahezu geräuschlos die Tür. Sie treten ein.

Genauso normal wie außen sieht es auch im Haus aus. Nichts, was auf eine Verstrickung in geheimdienstliche Aktivitäten hindeuten könnte. Nicht einmal ein Waffenschrank. Sie lassen das Licht aus, setzen sich ins Wohnzimmer, und warten. Kohl mache innerhalb der nächsten Stunde Feierabend, hieß es von Parsons, die Zeit ist bald um. Außer dem Müllmanager wohnt kein Mensch in diesem Haus, die Ehe ist geschieden, Kinder aus dem Haus.

Endlich. Es ist längst dunkel geworden, als auf der Einfahrt Reifen auf dem Kies knirschen und ein Wagen in die Garage gesetzt wird. Jetzt wird spannend! Ein Schlüssel dreht sich im Schloss, die Tür geht auf, wird geschlossen. Sam postiert sich, von der Tür aus nicht sichtbar, hinter der Garderobe, Mike bleibt in der Wohnzimmertür stehen. Dann macht er das Licht an.

Plötzlich sieht Kohl, dass er nicht alleine ist. Er weicht an die Tür zurück, greift nach einem Eisen, das dort hängt.

"Aber Herr Kohl, wir wollen uns doch hier nicht in die Scheiße 'reinreiten. Nehmen Sie ganz einfach die Hände hoch, dann passiert Ihnen nichts."

"Diebe! Gesindel! Wir werden euch kriegen!"

"Ach, da machen Sie sich 'mal keine Sorgen."

"Wartet nur, ich habe mächtige Freunde. Die werden euch ganz langsam umbringen."

"Deswegen sind wir ja hier. Wegen Ihrer Freunde und der 4 Toten, die wir jetzt gehabt haben."

"Wir bringen euch um."

"Kohl, jetzt reicht's. Kommen Sie mit ins Wohnzimmer."

"Was wollt Ihr? Wollt ihr mein Geld?"

"Nein. Wir wollen Informationen."

"Ich werde eine Anzeige machen. Dann wird die Polizei..."

***

Sam tritt aus dem Schatten.

"Dann wird die Polizei mit dem Verfassungsschutz in deiner Vergangenheit bei der Stasi rumwühlen, Kohl. Und Du hast jetzt 4 Tote auf dem Gewissen, bei Dir werden sie das Verfahren nicht einstellen."

"Wer sind Sie?"

"Jedenfalls keine Einbrecher. Wenn Du dich blöd anstellen solltest, dann legen wir dich einfach um, Junge. Und jetzt ab ins Zimmer."

***

Es dauert nicht lange, und Kohl erzählt über seine Arbeit im Zusammenhang mit der Stasi. Eigentlich nichts Neues für die Detektive, was sie da zu hören bekommen, aber langsam lichtet sich der Nebel um die Firma. Die Verstrickungen des Falls beginnen durchsichtig zu werden, die handelnden Personen bekommen Profil. Kohl war nicht die führende Figur bei diesem Geschäft, sondern verantwortlich für die Ausführung des Exports und des Schmuggels in den Osten. Keine sperrigen Güter, sie haben unter dem Müll Papiere, wertvolle Güter und ab und zu auch Drogen über die Grenze gebracht, ohne dass diese entdeckt wurden. Kohl streitet zwar jegliche Verstrickung in die Morde ab, aber weder Spade noch Hammer nehmen ihm das ab.

Nach einer Stunde kommen sie nicht mehr weiter. Sam greift zum Telefon und ruft Parsons an, der kommt eine Viertelstunde später mit 2 Kollegen an. Später wird von dem Einbruch nichts im Protokoll stehen.

Es gibt nichts Neues über die Rolle von Sonja in diesem Spiel. Aber wenn Kohl recht hat, dann geht jetzt erst die eigentliche Suche los, denn er war offensichtlich nicht derjenige, der die Morde zu verantworten hat. Aber wer dann? Kein Mensch weiß es, der Obermacker ist nie selbst in Erscheinung getreten, weder Kohl noch Sonja haben jemals mit ihm persönlich Kontakt gehabt.

Wer ist es?

***

Ende des Fragments.