Georgische Joghurtsuppe gehört zu meinen Lieblingsgerichten. Grund genug, ein Gedicht über das Gericht aus Georgien zuzubereiten.
12. Kapitel: Spuren der Stasi
Sam Spade, die DDR und der Müll
"Stasi? Wieso Stasi?"
"Ja, Stasi. Die Spur führt in die DDR."
"Die gibt’s nicht mehr."
"Aber die Leute von der Stasi, die gibt's immer noch."
"Wie kommst Du darauf?"
"Ach, weißt Du, ich hab diese Nacht im Bett einiges aus meiner Klientin rausgekitzelt. Ihr Mann war einige Male in Berlin, als er das Geschäft mit den Polen eingefädelt hat. Und die Leute, mit denen er da zu tun gehabt hat, die waren früher bei der Stasi."
"Und? Woher will er das wissen?"
"Das hat man ihm gesteckt."
"Die Stasi existiert nicht mehr."
"Sie ist offiziell aufgelöst, aber die alten Seilschaften gibt's immer noch."
"Hm. Stimmt. Und was hat das jetzt mit unserem Fall zu tun?"
"Du weißt ja, Kohl Müll haben ein Büro in Berlin. Im ehemaligen Ost-Berlin."
"Ach? Das war mir nicht bekannt."
"Dann weißt Du das jetzt. Auf jeden Fall, da sitzen laut meiner Klientin 1 oder 2 Männer drin, die früher Mitarbeiter der Stasi waren. Und jetzt wollen die weitermachen und versuchen, die wirtschaftliche Macht im Staat zu übernehmen."
"Wer sagt das?"
"Die Bullen. Die haben aber nicht genug Leute, um gegen die Typen zu ermitteln, die haben zu wenig Geld."
"Und jetzt? Willst Du den einsamen Rächer spielen?"
"Nein. Aber wenn wir gleich zur Firma fahren, müssen wir die Leute auf ihre Verbindungen zur Stasi durchleuchten."
***
Sam stürzt die Tasse Kaffee hinunter, winkt Carmen, dass sie gleich abräumen kann, greift seinen Mantel und geht mit Mike Hammer zur Tür seines Büros. In einer halben Stunde wollen sie in der Firma sein, deren Mitarbeiter sich mit dieser Giftmüllsache voll in die Scheiße reingeritten haben. Mike steigt auf den Beifahrersitz des BMW, Sam pilotiert den Wagen. Lässt den Motor an, ordnet sich in den Verkehr ein und schwimmt im Stau zur Firma. An der Pförtnerloge melden sich beide Männer und werden gebeten, im Foyer zu warten, bis der Leiter der Entsorgung sie abholt.
Geld, eine ganze Menge Geld steckt hier drin, sagt sich Sam, als er sich die Gestaltung der Eingangshalle ansieht. Marmor, alles ziemlich teuer, Designerlampen, sieht geil aus. Der Macker kommt herunter, begrüßt Sam und Mike. Beide kommen mit in sein Büro und fangen an, Fragen zu stellen.
"Wer hat das Geschäft eingefädelt?"
"Der Kollege von mir, der erschossen worden ist."
"Becker, der Mann meiner Klientin?"
"Ja."
"Niemand sonst?"
"Nein."
"Das glauben wir Ihnen nicht. Wir nicht, und auch die Polizei nicht. Wollen Sie nicht lieber mit der Wahrheit 'rausrücken?"
"Also gut, da hängen mehrere Kollegen mit drin. Der Kollege, den Sie bewachen, Bayer, Herr Hammer, ist einer davon. Ich gebe zu, ich stecke da auch mit drin. Aber ich habe das nicht angefangen."
"Wer dann?"
"Martin Becker. Das hat den Kontakt zu den Polen aufgebaut."
"Nur zu Polen? Der war auch in Ost-Berlin."
"Da hat er mit einigen Polen gesprochen."
"Aber wie kam er dann auf Kohl Müll? Da muss doch ein Vermittler eingeschaltet worden sein."
"Ich nehme an, da war ein Vertreter der ehemaligen Regierung der DDR beteiligt, der früher den Giftmüllexport in die DDR organisiert hat. Wir kennen den schon länger."
"Sie haben ihren Müll früher in die DDR gebracht?"
"Ja."
"Schöne Scheiße. Also, wer ist der Mann?"
"Mielke, Stefan. Kennen Sie den Namen?"
"Ja, der steht auf der Liste, die wir gestern von der Polizei bekommen haben. Der ist Stasi-Mitarbeiter gewesen."
"Oh!"
"Jetzt sagen Sie nicht, dass Sie überrascht sind, das nehm' ich Ihnen nicht ab. Sie müssen davon gewusst haben."
"Nein, dass der Mielke bei der Stasi ist, ist mir neu, das hab' ich nicht gewusst. Aber sind Sie sicher, dass es unserer Mann ist?"
"Natürlich. Es gibt nur einen Mann dieses Namens, der solche Geschäfte gemacht hat."
"Und... und was wollen Sie jetzt machen?"
"Zuerst den Bullen sagen, was Sache ist. Und dann müssen die weitermachen. Wir können uns alleine nicht mit der Stasi, oder dem, was daraus geworden ist, anlegen."
"Aber muss es unbedingt die Polizei sein? Ich meine, reicht da nicht ein anonymer Hinweis?"
"Haben Sie etwa Angst? 4 Menschen sind schon bei dieser Sache gestorben, und wenn wir nicht alle hart gegen die Killer vorgehen, legen die uns alle um. Ne, das können wir alleine gar nicht leisten."
"Und wenn ich Ihnen ein Angebot mache? Wir können ja noch einmal später darüber reden."
"Ach, hören Sie auf, wir sind beide nicht mit Geld zu kaufen, das Leben ist mir wichtiger. Wir gehen."
***
Die Detektive stehen auf, schütteln dem nervös gewordenen Chemiemanager die Hand und verlassen das Gebäude. Sam liefert Hammer vor seinem Büro ab, fährt dann zum Polizeipräsidium, in dem er Parsons berichtet, was er gerade gehört hat. Als er zu seinem Büro fährt, merkt er, dass ein Wagen ihm folgt. Er ruft Parsons an, der sagt ihm, dass er keinen Auftrag gegeben habe, Sam zu verfolgen. Aber - er setzt sich mit zwei Kollegen in einen Zivilwagen und will Sam helfen.
Der fährt einige Umwege, nicht direkt zu seinem Büro, bis das Telefon geht, Parsons ist in einigen Abstand hinter ihm. Die ganze Zeit ist ein Mercedes mittlerer Baureihe hinter Sam geblieben, er gibt den Bullen die Beschreibung durch. Ordnet sich auf die rechte Spur der Stadtstraße ein und wird langsamer. Der Benz bleibt hinter ihm, ist der denn wirklich zu blöd? Sam hält an, steigt aber nicht aus.
Hinter dem Benz hält ein Audi, Sam kennt den Wagen nur zu geht, das sind die Bullen. Er nimmt seinen Revolver, legt den Rückwärtsgang ein und rollt auf den Benz zu, bis er dessen Stoßstange touchiert. Es rumpelt. Blitzschnell reißt er die Tür auf, der Fahrer im Benz ist so überrascht, dass er zu lange nach seiner Waffe nestelt, denn gleichzeitig mit Sam springen die Polizisten von den Vordersitzen ihres Wagens, gemeinsam reißen sie, sich Deckung gebend, die Türen des Benz auf, zerren mit vorgehaltener Waffe den Fahrer erst auf die Straße, dann auf den Bürgersteig und legen ihn dort flach. Seine Knarre liegt im Wagen, Parsons bequemt sich als letzter nach draußen und faßt sie mit einem Papiertaschentuch an. Stößt schließlich zu der Gruppe, die den Mann nach Waffen durchsuchen.
"Und?"
"Nix. Hat keine Knarre mehr."
"Wir kriegen Euch alle, ihr Schweine!"
Sächsischer Akzent.
"Ach ja?"
"Du Drecksau. Ich werd' Dir den Arsch ausblasen."
"Jetzt 'mal ganz mit der Ruhe, Junge. Wir haben Dich am Wickel, nicht Du uns."
"Wir werden euch alle fertigmachen, Du verdammte Drecksau."
Der Mann spuckt Sam ins Gesicht, worauf dieser ihm eine Ohrfeige verpasst, die so stark ist, dass der Macker zusammen mit dem Polizisten neben ihm zu Boden geht.
"Noch eine Bemerkung, mein Junge, und ich schlag dir die Eier ab. Ich bin kein Bulle, ich brauche mich nicht an Gesetze zu halten. Verstanden?"
Keine Antwort. Der Mann will aufstehen, Sam tritt ihm den Arm beiseite, so dass er zu Boden fällt. Dann kniet er sich neben ihn, die Bullen haben ihm Handschellen angelegt, so dass er sich nicht wehren kann.
"Wenn Du dich blöd anstellst und nichts sagen willst, bin ich morgen vor der Wache, wenn sie dich freilassen. Und das nicht alleine. Wir werden dich solange in die Mangel nehmen, bis Du singst. Oder bis Du nicht mehr atmest. Hast Du mich verstanden?"
Keine Antwort. Sam packt den Kopf des Mannes, den er auf 30 schätzt, an den Haaren und schlägt ihn mit der Stirn hart auf den Boden. Aus einem Mundwinkel läuft Blut, die Ohrfeige war verdammt hart.
"Verstanden?"
"Ja..."
Der Widerstand bricht langsam zusammen. Parsons beugt sich zu Sam hinunter.
"Ich habe nichts gesehen, Spade. Der Mann ist gegen sein eigenes Auto gelaufen und hat sich dabei verletzt."
"Danke, Parsons. Und nun zu dir - warum hast Du mich verfolgt."
"Ich habe Sie doch gar nicht..."
Sam schlägt ihn diesmal mit der Nase auf den Boden.
"Lüg' mich nicht an! Ich kann es nicht ausstehen, wenn mich Scheißer wie Du anlügen! Wenn Du nicht redest, muss ich dich in Notwehr erschießen. Ist ja nix aus dir 'rauszukriegen."
"Nein, nein, nein! Kohl hat mich beauftragt."
"Und? Na los, weiter!"
"Er hat mir ihre Beschreibung gegeben, und ich sollte Sie beschatten."
"Warum? Einfach so?"
"Nein, der wollte wissen, wo die Frau ist."
"Ach, das weiß er nicht? Will er meine Klientin umlegen?"
"Ja. Sie weiß zu viel."
"Wie kann sie zu viel wissen? Sie hat keine Ahnung von den Geschäften, die hat ihr Mann in Gang gebracht."
"Nein. Sie und Kohl, die beiden waren bis 89 Kollegen."
"Wie - Kollegen?"
"Offiziere im besonderen Einsatz. Ministerium für Staatssicherheit."
Peng. Sam lässt den Kopf fallen, bleibt fassungslos in der Hocke. Sonja - eine Stasi-Agentin? Das kann doch nicht sein! Warum gerade sie? Er denkt fieberhaft nach, das will ihm nicht in den Kopf. Der Festgenommene lässt sich nun ohne Widerstand abführen. Sam springt auf, das will ihm nicht in den Kopf. Er läuft auf den Mann zu, der gerade von den beiden Bullen abgeführt wird, hält ihn fest.
"Moment mal, Junge, ich hab' dir gesagt, Du sollst mich nicht anlügen. Woher willst Du wissen, dass sie bei der Stasi ist?"
"Sie war es. Kohl hat's mir erzählt."
"Und das soll ich glauben?"
"Haben Sie eine Kopie der Liste mit den ehemaligen Codenamen der Stasi-Agenten?"
Sam sieht Parsons an, der nickt bestätigend.
"Sehen sie unter dem Namen "Cheri" nach. Vergleichen Sie Alter, Augenfarbe, Geburtsdatum."
"Und dann?"
"Das ist sie."
***
Cheri?
Über den Bildschirm des Rechners flimmert die Liste mit Codenamen der ehemaligen und heute zum Teil noch aktiven Mitarbeiter des MfS. Cheri kommt ins Bild, Sam sieht die Angaben über die Person.
Verdammt, sie ist es!
Alle Angaben stimmen überein! Was jetzt? Er geht zu Parsons ins Büro, kippt sich einen Whisky ob dieser Überraschung in den Rachen und spricht mit Parsons ab, wie es jetzt weitergehen soll. Der wird eine Anfrage beim Verfassungsschutz machen, ob die etwas über "Cheri" wissen. Es ist Mittag, als er das Büro verlässt. Mit gemischten Gefühlen macht er sich auf den Weg zu seinem Büro, wo sie auf ihn warten: Kottan, Carmen, und - Cheri.