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Reisebericht Rotterdam 2015: eine ausradierte Stadt neu wieder aufgebaut

Reisebericht von Thomas Berscheid aus den Niederlanden

Wir waren in der vergangenen Woche zu einem Kurzurlaub in Rotterdam. Einen Reisebericht dazu habe ich bereits geschrieben. Ich habe in der Vorbereitung der Reise ein paar Fakten über Rotterdam gelesen. Als Geograph sollte man das ohnehin machen… Was mich am Meisten beeindruckte, war die Beschreibung des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg.

Aufbau ohne neue Strukturen

Viele Städte waren nach dem Krieg zerstört. Rotterdam, Wesel und Köln sind drei wahllos herausgegriffene Beispiele dafür. Mit dem Wiederaufbau kam die Chance, die teils seit Jahrhunderten bestehenden Strukturen komplett neu aufzubauen. Im Studium (schließlich war Städtebau mein Nebenfach) haben wir uns Beispiele zu Planungen angesehen. Meist blieb es bei dem Plan. Anstatt die Grundstücke neu zuzuschneiden, die Leitungen und Straßen neu zu legen, alte Fehler auszubügeln, Plätze und Grün in die Stadt zu holen, beließ man es meist bei dem alten Grundriss und baute eben altes neu auf. Um dann in Köln z. B. in den 1960er Jahren mit dem Straßenbau noch viel größere Lücken zu reißen.

Rotterdam ist eine Ausnahme

In Rotterdam ging man meiner Recherche nach anders vor. Die Stadt war von Bomben und Artillerie ohnehin eingeebnet. Man riss also auch die alten Versorgungsleitungen aus der Erde und baute den Grundriss mit Infrastruktur und Straßen komplett neu auf. Das zog, stand bei Wikipedia, eine Reihe von Architekturbüros nach Rotterdam. Die Stadt entstand dann neu. Schön zu sehen ist das übrigens auch auf gemalten Bildern – beim Bau der Börse in Amsterdam zum Beispiel. Früher waren die Häuser in den Städten in den Niederlanden noch kleiner. Teile der Innenstadt hat man dann in Rotterdam mit etwas größeren Zuschnitten der Grundstücke eingeteilt und neu bebaut.

In den letzten Jahren ist dann die Skyline der Stadt neu entstanden. Gut kann man diese bei einer Hafenrundfahrt erkennen, vor allem bei der Rückfahrt, wenn das Wetter mitspielt. Es sind einige Hochhäuser entstanden. Zusätzlich dazu haben sich aber offenbar mehrere Architekten auch ordentlich ausgetobt. Man sieht im Stadtbild nämlich nicht nur Glaspaläste, sondern auch schiefe, schräge, nicht rechtwinklige und außergewöhnliche Gebäude. Da haben die Planer also nicht nur mit dem Lineal gedacht, sondern hier mal eine Ecke mit Balkons versehen, dort mitten im Gebäude das Material gewechselt, dort die Ausrichtung gekippt. Wer sich für Architektur interessiert, bekommt einiges in Rotterdam geboren.

Und so langsam beginne ich zu kapieren, woher die Idee mit den Kranhäusern in Köln stammt.

Ist das Kunst oder kann das weg?

Man muss das alles nicht schön finden. In Tbilissi habe ich genug Neubauten gesehen, für die ich mir mindestens eine 12,7-cm Haubitze wünsche. In Rotterdam hat das mehr Hand und Fuß. Und scheint wenigstens bis komplett zum Ende durchdacht zu sein und nicht nur ein groß gewordener Spielzeugkasten von Politikern, die die Kindheit nie verlassen haben.