Tour de France Femmes Alpe d’Huez 2024: Ganz großes Kino
Nach einer Woche ist die Tour de France Femmes mit einer Bergankunft in Alpe d’Huez zu Ende gegangen. Physikalisch war ich noch nie dort. Angesehen habe ich mir den Ort in den vergangenen Wochen einige Male: In einer Sendereihe über die Königsetappen bei ARTE und bei mehreren Videos über Radrennen. Nun standen die 21 Kehren den Berg hoch bis zum Skiort auf der Liste des größten Radrennens für Frauen. Schade eigentlich, dass in Kehre 7 jetzt nicht die holländischen Radfans mit ihren Reisemobilen standen.
Diesmal wurde es so richtig spannend. Wie es sich gehört habe ich mir die Aufzeichnung der Tour de France der Frauen auf dem Hometrainer angesehen. Wenn man selbst schwitzt, der Puls hochgeht wie bei einer echten Bergfahrt und man mit anderen Leuten den Berg hochfährt, dann ist es ein richtiges Erlebnis. Berg runter auch der gleiche Effekt wie zuvor bei der Tour der Männer: Als ich virtuell auf dem Motorrad hinter den beiden niederländischen Fahrerinnen den Berg herunter rase, will ich mich auf der Spinning Maschine auch in die Kurve legen… Inzwischen sehe ich immer auf den Lenker und nach unten, um mir klar zu machen, dass ich jetzt gerade im Keller schwitze.
Was mir auch in diesem Jahr wieder aufgefallen ist: Bei den Frauen sind mehr Emotionen im Spiel. Wenn es den Berg hoch geht, wenn Demi Vollering ihrer niederländischen Kollegin einen Klaps auf die Schulter gibt damit sie vor dem Anstieg nach Alpe d’Huez auch mal vorne fährt… Da ist mehr Leben in den Gesichtern. Bei den Männern vermisse ich das manchmal. Es gibt so Leute wie Tony Martin, der mein persönlicher Held ist, weil er jahrelang die Hälfte der Tour de France vorne gefahren ist und den Windbrecher gemacht hat, während keine Livebilder übertragen wurden. Seinem Gesicht konnte man seine Leistung ansehen. Jan Ullrich mit den eingefallenen Ringen unter den Augen, wenn er über das Limit gegangen ist. Oder John Degenkolb, als er die Etappe 2018 nach Roubaix gewonnen hat und ihm die Tränen der Freude über das staubige Gesicht gelaufen sind.
Am Sonntag dann die Tour de France Femmes mit einem Herzschlagfinale. Demi Vollering kommt als erste über die Ziellinie oben auf dem Berg. Wäre sie nicht in diesen blöden Sturz drei Tage vorher verwickelt gewesen, sie hätte gewonnen. Sie feiert. Sie hat gesiegt. Sie bangt. Und wir mit ihr. Katarzyna Niewiadoma fährt rund eine Minute später über die Ziellinie. Schnelles Rechnen mit den Abständen und Bonifikationen. Dann ist klar: Niewiadoma reißt ihr Bike nach oben. Sie hat gewonnen! Mit vier Sekunden Vorsprung. Und dann die Gesichter: Demi Vollering kommen die Tränen der Niederlage, Niewiadoma die Tränen der Freude. Das war großes Kino. Ganz großes Kino.